Ich komme vom Bauernhof. Vorderer Bayerischer Wald, echter “Woidler”. Viel Moos, wenig Menschen.
Und jetzt? Seit über 30 Jahren Stadtbürger von Regensburg der mittelalterlichen, ehemaligen Reichsstadt. Der ersten inoffiziellen Hauptstadt Bayerns.
Eine Stadt am Fluss, durchzogen von Geschichte. Der römische Imperator und Stoiker Marcus Aurelius schrieb hier Teile seiner Selbstbetrachtungen.
Damals wie heute: der Blick auf die Donau. Still. Stark. Unbeeindruckt vom Lärm der Welt. Stoisch eben. Diese Haltung hat Regensburg geprägt – man spürt sie in jeder Wand, jedem Pflasterstein.
Ich hab lange gebraucht, bis ich hier wirklich angekommen bin. Im Kopf. Denn wie heißt’s so schön:
„Du kannst den Uwe aus dem Woid holen,
aber nicht den Woid aus dem Uwe.“
Stadtführer. Farbengeber.
Geschichte? Hat mich nie interessiert.
Ich war mit der Zukunft beschäftigt. Tech, Code, KI.
Doch dann – vor zwei Jahren – bin ich morgens aufgewacht mit einer Frage im Kopf: „Woher kommen wir eigentlich?“
Ungewöhnlich für einen Informatiker, der sonst fragt: „Wohin geht’s?“ Und so begann ich zu graben. In Büchern, in Datenbanken, in Gesprächen mit Historikern und KI.

Als ich begriff, wie viel Geschichte in Regensburg steckt, wollte ich sie nicht für mich behalten – und wurde Stadtführer.
Und Regensburg wurde neu für mich: Nicht mehr nur schön und grau – sondern bunt.
Jetzt grüße ich alte Freunde, wenn ich durch die Altstadt gehe: Häuser, Plätze, Kirchen.
Vor allem die stillen Kirchen. (Meist) leere Gebäude voller Vergangenheit.
Jakobskirche – zwischen Pilgerweg und innerem Frieden
Mein Kraftort: Jakobskirche am westlichen Altstadtrand. Wegen des Schottenportals? Auch.
Aber vor allem wegen dieser düsteren, heimeligen Atmosphäre. Irische Missionare, mittelalterlicher Ernst.
Hauptsächlich wegen der aussergewöhnlichen Akustik. Ich hab dort schon eine Predigt improvisiert – ganz allein. Kein Publikum. Nur für die Geister der Vergangenheit.

Ich frage mich: Welche Geschichten hängen in diesen Mauern?
- Taufe
- Ehe
- Neid
- Macht
- Krieg
- Sühne
- Hoffnung
Alles war schon hier.
Die Jakobskirche liegt am Jakobsweg. Irgendwann gehe ich ihn – den Camino. Und nehme meine Predigt mit.
Wenn ich heute über die Steinerne Brücke gehe, sehe ich nicht nur Stein. Ich sehe die Kreuzritter. Spüre die Jahrhunderte.
Und unter mir: die Donau. Mein Lebensfluss. Ich schwimme darin. Ich bade darin. Auch im Winter.
Ratisbona – der Mythos an den drei Flüssen – Donau, Regen und Naab – welche mehr Geschichten kennen als die älteste Eiche im Bayerischen Wald.